„ALL THE BEAUTY AND THE BLOODSHED“: UNERSCHROCKENER KAMPF GEGEN SCHMUTZIGES GELD

„All the Beauty and the Bloodshed“: Unerschrockener Kampf gegen schmutziges Geld

In „All the Beauty and the Bloodshed“ präsentiert Oscarpreisträgerin Laura Poitras ein Porträt der Aktivistin und Fotografin Nan Goldin.

Innsbruck – Das Persönliche ist politisch. Das musste auch die renommierte Fotografin Nan Goldin erfahren. Nach einem Unfall wurde sie schmerzmittelabhängig und ging beinahe daran zugrunde. Seither kämpft sie gegen jene, die insbesondere in den USA die so genannte Opioid-Krise maßgeblich mitzuverantworten haben: die Milliardär-Familie Sackler hinter dem Pharmakonzern Purdue. Ihnen lasten die Aktivisten um Goldins Organisation immerhin eine halbe Million Tote an, die an Abhängigkeit oder einer Überdosis des Schmerzmittels Oxycontin gestorben sind. Auf diesem Leid ist ihr Vermögen aufgebaut.

Bei diesem David-gegen-Goliath-Aufstand schließt sich auch der Kreis zu Goldins Karriere. Denn die Sacklers sind schwerreiche Kunst-Philanthropen, die mit dem Blutgeld ihren Namen in unzähligen Museen weltweit verewigt sehen wollen, vom New Yorker Metropolitan und der Tate in London bis zum Pariser Louvre. Wie so oft wollen Kunst-Mäzene das Image ihrer unethischen Geschäftstätigkeit reinwaschen.

Goldin will die Museen dazu bringen, das schmutzige Geld abzulehnen und der Letztverantwortung einen Namen zu geben. Hier wird nicht die Politik zum bloßen Material der Kunst, sondern die Künstlerin selbst zur Aktivistin. Etwa wenn Goldin mit ihrer Gruppe in der berühmten Schneckengalerie des Guggenheim einen Flashmob organisiert und leere Medikamentenschachteln verstreut.

Dass das Persönliche politisch ist, weiß auch Regisseurin Laura Poitras nur zu gut – nicht erst seit ihrer mutigen Oscar-Doku „Citizenfour“ zu den Enthüllungen Edward Snowdens über die digitale Massenüberwachung. Damals war die Amerikanerin Poitras mit ihrer Kamera live dabei in jenem Hotelzimmer in Hongkong, in dem Snowden sich der Welt zeigte.

Seit dieser Woche im Kino.

„All the Beauty and the Bloodshed“ ist nun ambitionierter und poetischer. Der Film ist zugleich ein vielschichtiges privates und künstlerisches Porträt der Fotografin Goldin sowie ein Zeugnis ihres lebenslangen politischen Kampfes bis hin zur Chronik des zivilen Aufbegehrens gegen die Sacklers.

Poitras wirft ihr dokumentarisches Netz weit aus. Der Film – wunderbar betitelt nach einem Tagebuch-Zitat von Goldins verstorbener Schwester – orientiert sich an ihrem Leben, das den roten Faden durch das Amerika der 70er- und 80er-Jahre liefert.

Dabei kommen die queere Counter Culture in New York, Goldins schwierige Familienverhältnisse und die Aids-Krise als Vorläufer der Opioid-Krise ebenso vor wie die unerschrockenen feministischen Fotoarbeiten Goldins, die damit extrem eng in Verbindung stehen.

All das ist viel, doch am Ende ergibt die Collage ein dichtes, politisch heißes Bild einer engagierten Künstlerin und ihres kaputten Landes. Dafür erhielt Poitras im September den Goldenen Löwen beim Filmfestival von Venedig.

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