EIGENE GESCHäFTE FüR DEN ZYKLUS [PREMIUM]

Durchsichtig, mit Streifen in allen möglichen Regenbogenfarben ist das Produkt, das Angelika Burgsteiner gerade auspackt. Es handelt sich um Menstruationstassen – und Burgsteiner freut sich über das fröhliche Design.

Nicht immer geht es freilich fröhlich zu, wenn Burgsteiner derart Harmloses wie einen Hygieneartikel zur Sprache bringt. Mit Rotmarie eröffnet Burgsteiner diese Woche in Wien Wieden einen Zyklusladen, der sich auf Produkte und Informationen rund um den weiblichen Zyklus spezialisiert. Hunderte Kommentare generierte der Bericht einer Lokalzeitung dazu in den sozialen Medien, viele davon gemein und gehässig. Von „ungepflegten Ökotanten“ sei da die Rede gewesen, berichtet Katarina Bošnjak, die gemeinsam mit Martina de Girolamo jenes Slow-Fashion-Geschäft führt, in dem der Zyklusladen eingemietet ist – und die sich die Mühe gemacht hat, die Kommentare durchzusehen. „Es macht einen wütend. Was man da herausliest, ist: 50 Prozent der Weltbevölkerung sollen sich schämen.“

„Gab keinen Ort zum Thema“

Auf die Idee mit dem Zyklusladen war Angelika Burgsteiner vor mehr als einem Jahr gekommen, weil sie für ein junges Mädchen ein Päckchen mit einschlägigem Zubehör zusammenstellen wollte. „Ich fand es so völlig daneben, dass es keinen Ort gibt, an dem man sich dem Thema widmet.“ Viele Produkte gibt es mittlerweile zwar auch in Drogeriemärkten, die passende Beratung dazu allerdings nicht. Zumal es ja nicht nur um Hygiene gehe. „Der Zyklus ist ja ein bissl mehr als das. Er begleitet uns den ganzen Monat und das ganze Leben.“

Gegründet hat sie Rotmarie Anfang vergangenen Jahres zunächst als Onlineshop, „aber der Plan war immer, irgendwann wo physisch zu sein“. Weil es eigentlich genau darum gehe: Dinge aus der Nähe anschauen, angreifen zu können, Unterschiede erklärt zu bekommen. „Online kann man alles bestellen, aber man weiß nie, was man kriegt.“ Tatsächlich ist das Angebot etwa an waschbarer Periodenunterwäsche als sichere, bequeme und vor allem umweltfreundliche Alternative in der jüngeren Vergangenheit im Internet rasant gewachsen. Nicht immer weiß man, ob die Realität hält, was die Werbung verspricht.

Burgsteiner selbst hat sich quer durch die Produktpalette getestet und verkauft nur, wovon sie überzeugt ist, sie kenne die Hersteller und korrespondiere mit ihnen. „Ich bestell' einfach keine Hosen und Cups aus China.“ Wobei, wie sie gleich nachschiebt, sie nichts gegen China habe – „ich bin ja eigentlich Sinologin“.

Ihren Berufsweg begonnen hatte sie dabei als Journalistin, später studierte sie Sinologie und Politikwissenschaft. Nach dem Studium war sie eine Zeit lang in China und unterrichtete an einer Uni Deutsch, übersetzte gelegentlich chinesische Dissidentenliteratur. „Mich begleiten diese Switches: Dass ich immer wieder mal etwas ganz anderes mach'.“

So hat Burgsteiner vor, in ihr Sortiment (das immerhin sogar einen Haargummi umfasst, in dem man ein Tampon verstecken kann) auch noch einiges an Büchern aufzunehmen, auch Ideen für Spiele hätte sie einige. Was es schon gibt, ist ein „Menstruationsmemory“ für Kinder: Mit Zeichnungen von verschiedenen Produkten, aber auch von Eierstöcken, einer Gebärmutter – und von Gesichtern mit unterschiedlichen Gefühlslagen. „Ohne dass man viel sagt, sind die Dinge dann einfach schon mal da.“

Eröffnet wird Rotmarie am 3. Juni; danach ist ihr Mini-Laden immer freitags geöffnet – wie erwähnt als Shop-in-Shop-Konzept bei Hulenoolja, wo Juristin Katarina Bošnjak und Erziehungswissenschaftlerin Martina de Girolamo sonst nachhaltige Mode für Kinder und Frauen und Montessori-Spielzeug verkaufen.

All about Period

Ein ähnliches Konzept verfolgt auch Melanie Zemsauer; sie hat im Februar in der Lindengasse All about Period eröffnet. Auch sie teilt sich das Geschäft – in ihrem Fall mit der Naturkosmetik- und Kräuterexpertin Silvia Schumi von Kalivia. Zemsauers Zugang wurzelt im eigenen Leidensweg: Schon in der Schulzeit plagten sie starke Regelschmerzen, oft konnte sie nur mit Schmerzmitteln das Bett verlassen. Erst nach Jahren erhielt sie die Diagnose Endometriose. Durch die Auseinandersetzung mit dieser chronischen Erkrankung habe sie festgestellt, wie wenig sie über ihren eigenen Zyklus und die Menstruation weiß: „Es hat mich wirklich erschreckt.“

2023-05-30T12:21:37Z dg43tfdfdgfd