POSITIVES DENKEN LERNEN - EXPERTIN GIBT TIPPS: FINDEN SIE IHRE FORMEL FüR EIN ZUFRIEDENES LEBEN

Glück und Zufriedenheit möchte jeder - doch diese Ziele sind gar nicht so leicht zu erreichen. Trotzdem gibt es wertvolle Tipps, mit denen wir alle unser Leben optimistischer gestalten können. Antje Heimsoeth kennt einfache Übungen, mit denen jeder positives Denken lernen kann.

Was sind die ersten Schritte, um positiver zu denken und wie kann man diese in den Alltag integrieren?

Grundsätzlich ist es wichtig, zu verstehen, dass positives Denken nicht bedeutet, 24 Stunden 7 Tage / Woche optimistisch sein zu müssen. Unser Gemütszustand verändert sich. Für ein zufriedenes Leben ist es allerdings entscheidend, aus negativen Gedanken(spiralen) wieder herauszufinden. Dazu gehört, manchmal ein Jammertal für eine gewisse Zeit zuzulassen – um es letztendlich aber zu durchschreiten. Dabei hilft es, Mittel und Wege zu kennen, sich trotzdem auf das Positive zu konzentrieren. Statt in der negativen Gegenwart (oder noch schlimmer Vergangenheit) zu verweilen, lieber positiv nach vorne zu blicken.

Jeder Mensch ist einzigartig. Daher gibt es auch kein Standard-Rezept für Zufriedenheit durch positives Denken. Jeder muss für sich immer wieder ausprobieren, was zu ihm passt und was ihn weiterbringt.

Ich empfehle als einen der ersten Schritte die Dankbarkeit. Unzählige Studien beweisen: Wenn man dankbar ist, dann ist man resilienter, gesünder, kreativer und produktiver. Ich persönlich führe seit vielen Jahren ein Dankbarkeits-Tagebuch. Abends überlege ich mir, wofür in an diesem Tag dankbar bin.  Wir zahlen damit auf unser Zufriedenheitskonto ein. Und schließlich geht es ja um ein zufriedenes Leben. Ein toller Nebeneffekt: Mit Gedanken an das Positive gelingt nicht nur das Einschlafen leichter, man schläft insgesamt besser. Dafür gibt es keine Garantie, aber einen Versuch ist es wert. Also kaufen Sie sich ein schönes Büchlein, legen Sie es aufs Kopfkissen, damit Sie die Aufgabe nicht vergessen, und notieren Ihre Dankbarkeits-Punkte jeden Abend. Damit es zu einer positiven Gewohnheit wird, die früher oder später auch positive Gedanken-Früchte trägt.

 

Wie können Glaubenssätze unser Denken und Handeln beeinflussen?

Glaubenssätze bestimmen unser Leben weit mehr als wir uns vorstellen können. Aber sie haben nur solange Macht über uns, solange wir sie glauben! Das Problem besteht darin, dass uns die Glaubenssätze und Programme, die wir mit uns herumtragen, meist nicht bewusst sind. Daher brauchen wir Bewusstheit, um darüber entscheiden zu können, welche Gedanken für uns nützlich und stimmig sind und welche nicht. Tatsache ist: Gedanken sind ein Magnet! Negatives zieht Negatives an – und ein negatives Selbstbild nach sich. Wenn wir unsere Aufmerksamkeit also von vornherein nur auf negative Aspekte ausrichten, ist eine innere negative Einstellung schnell vorprogrammiert. Meine negativen Glaubenssätze verstärken immer mehr das Gefühl „Ich schaffe das nicht!“, „Ich bin nicht gut genug“ – ich mache mich also selber immer kleiner als ich eigentlich bin und werte mich ab. Umgekehrt ziehen positive Glaubenssätze Positives an.

Überwiegen die positiven Gedanken gegenüber den pessimistischen, können wir mit Optimismus unsere Zukunft gestalten. Und jemand, der optimistisch durchs Leben geht, der packt halt viel mehr an.

Ein gutes Beispiel dafür sind junge Leute, die heute oftmals sagen: „Wie soll ich Kinder in diese Welt setzen, wenn man nicht einmal weiß, ob es die Welt in 30 oder 40 Jahre noch gibt bzw. sie lebenswert ist?“ Das sind negative Gedanken und ziehen ebensolche nach sich, dass Frauen nicht mehr Mutter werden wollen.

Ob im Sport, im Beruf oder wenn ich auf die Bühne gehe – habe ich negative Gedanken im Kopf, dann werden diese zu selbsterfüllenden Prophezeiungen und zack, erhöhe ich die Gefahr, dass das Negative dann auch passieren wird. Das heißt übrigens nicht, dass immer alles gut gehen wird, aber wenn ich grundsätzlich zuversichtlich und positiv gestimmt bin, kann ich im Ernstfall auch mit einem Problem leichter umgehen und es schneller lösen.

 

Und wie können wir diese positiven Glaubenssätze bewusst aufbauen und verstärken?

Nehmen wir einmal den bekannten (negativen) Glaubenssatz „Ich bin nicht klug/schön/jung genug!“ Stellen wir uns die Frage „Kann ich mit 100%iger Sicherheit sagen, dass dieser Gedanke wahr ist?“ kommen wir schnell zur Erkenntnis: „Gedanken sind keine Fakten!“ Wir suchen sozusagen Gegenbeweise für den Glaubenssatz, u.a. mit weiteren Fragen, wie: „Wovor möchte mich dieser Gedanke schützen?“, „Was gewinne ich dadurch, dass ich so bin?“, „Was wäre schlimm, wenn ich mich an dieser Stelle anders verhalten würde?“, „Gibt es einen Vorteil, wenn ich an dem Glaubenssatz XY weiter festhalte“ ... und schließlich „Bringt mich dieser Gedanke einer Lösung näher?“ Genau die sollten wir nämlich anstreben – und uns im Hinblick auf ein zufriedenes Leben immer (mit einer Strichliste, Murmeln oder den Punkten im Dankbarkeitstagebuch u.a.) die optimistischen, zuversichtlichen, positiven Gedanken bewusst machen.

Was wir glauben, muss nicht der Realität entsprechen. Das Glaubenssystem ist wie eine Sammlung von persönlichen Verhaltensregeln, die unseren Geist beherrschen. Um zu einem selbst bestimmten und zufriedenen Leben zu kommen, liegt der Schlüssel darin, die eigenen Programme zu erkennen und durch neue effektivere zu ersetzen. Wichtig: Neue positive Glaubenssätze sollten realistisch sein, vor allem aber zur jeweiligen Person und der eigenen Denke passen. Deshalb hier nur mal zwei Beispiele: „Ich will in Gesundheit, Fülle und Wohlbefinden mit Freude und Genuss leben bis ans Ende meiner Tage.“ Oder passend zu unserem Thema: „Ich ziehe Zufriedenheit an wie ein Magnet. Ich bin als Mensch wertvoll, unabhängig vom Erfolg, und genieße mein Leben Tag für Tag mehr.“

 

Kann man Zufriedenheit wie einen Muskel trainieren und verstärken? Gibt es spezielle Übungen oder Techniken dafür?

Alles eine Frage der persönlichen (Grund-)Einstellung! Es gibt kein Rezept und keine Wundertechniken. Wesentlich ist jedoch eines: Bleibe stets optimistisch! Dazu ist wichtig, erst einmal zu definieren: Was bedeutet für mich Zufriedenheit? Das ist ja ein sehr großer und weit gefasster Begriff. Zufriedenheit kann für jeden etwas anderes bedeuten. Und ist im Normalfall auch nicht immer da. Ob im Alltag, im Beruf oder die eigene Gesundheit – mit der Zufriedenheit ist es wie beim Glück: Es gibt kein Dauerglück, sondern immer nur Glücksmomente. Nimmt man allerdings eher das Positive im Leben wahr, dann wirkt sich das auf jeden Fall auf die Zufriedenheit aus.

Ein weiterer Punkt ist es, den Fokus mehr auf die eigenen Stärken statt auf die Schwächen zu legen. Wir leben in einem Land, in dem man schnell auf Defizite und Fehler schaut und hinweist. Würden wir eher darauf achten, was wir können, bereits gut umsetzen und grundsätzlich an Schönem und Gutem haben – ob bei uns selbst oder bei anderen, inkl. unserem Land – würde sich die Zufriedenheit deutlich erhöhen.

Ähnlich dem Dankbarkeitstagebuch gibt es eine tolle Übung aus der Positiven Psychologie: der positive Tagessrückblick. Also sich selbst jeden Abend zu fragen, was war heute schön und warum war es das? Ein Beispiel: Die Sonne am Ostersonntag war so schön. Weiße Schäfchen-Wolken an einem wundervollen blauen Himmel. Ich war mit meinem E-Bike unterwegs, das erste Mal in diesem Jahr. Beim Seewirt, keine 10 Meter von der Wasserlinie entfernt, habe ich ein für mich interessantes Buch endlich in Ruhe zu Ende lesen können.

Dazu gehört für viele Menschen auch, endlich Frieden mit dem eigenen Körper zu schließen. Viele lehnen sich ab: Zu dick, zu große Nase, zu ... Statt sich immer mit kritischen Augen zu betrachten und an sich herumzumäkeln, sollte man sich lieber vor einen Spiegel stellen und das Positive (das jeder hat) bewusst wahrnehmen. Dann sagt man zu sich selbst „Du hast wunderschöne Augen“ statt „Hey, du könntest 5 Kilo abnehmen“. Natürlich tragen dann Dinge wie mehr Bewegung, bessere Ernährung und regelmäßige Entspannung dazu bei, dass wir uns in unserem Körper wohler fühlen – und das zahlt wiederum auf die Zufriedenheit ein.

Ein ganz wichtiger Punkt sind unsere sozialen Kontakte. Das ist etwas, das uns trägt. Beziehungen sind der Burnout-Präventionsfaktor Nummer Eins und Freunde DIE Motivations“droge“ für den Menschen. Fragen Sie sich daher immer wieder: „Was habe ich heute getan, um auf mein Beziehungskonto einzuzahlen/abzubuchen? Wo kann ich mehr tun, aufmerksamer zuhören, weniger selber reden, mehr Empathie zeigen u.a.?“.

Glück = Realität minus Erwartungen.

Das trifft auch auf die Zufriedenheit zu! Wenn wir es schaffen, unsere Erwartungen an uns selbst und andere, an das Wetter und das Essen ... zur Seite zu stellen, dann hätten wir mehr Frieden in uns, bessere Beziehungen, einen schöneren Urlaub und vieles mehr. Es muss nicht immer alles perfekt sein! Die Perfektionismusfalle macht uns selbst – und unser Umfeld – unzufrieden und unglücklich. Ja, wir sollten uns Ziele setzen und intensiv daran arbeiten. Das gibt uns Selbstvertrauen. Aber Zufriedenheit ist definitiv eine Haltung, eine Einstellung im Leben.

Wie kann Achtsamkeit dabei helfen, positiver zu denken und die mentale Gesundheit zu verbessern?

Indem sie uns ermöglicht, im Hier und Jetzt zu leben. Seit geraumer Zeit wird der Achtsamkeit sehr viel Aufmerksamkeit entgegengebracht. Mindfullness soll als Lebensprinzip dafür sorgen, dass wir in Balance sind, indem wir achtsam mit uns, unserem Geist und unserem Körper, aber auch mit unseren Mitmenschen, unserem Umfeld und dem Leben im Allgemeinen umgehen. Zentral ist der Gedanke, dass wir dem Augenblick so viel Aufmerksamkeit schenken, dass weder das Gestern noch das Morgen zählt. Wir können dieses Verhalten bei Kindern beobachten, die in ihr Spiel so vertieft sind, dass sie die Zeit und alles um sich herum vergessen.

Verständlicherweise fällt es uns Erwachsenen oftmals schwer, in einen solchen Zustand zu kommen. Zu lange haben wir unsere Pflicht erfüllt, sind unserer Verantwortung nachgekommen und haben dabei verlernt, einfach einmal loszulassen.

Das Gute ist, Achtsamkeit lässt sich lernen. Beispielsweise durch Meditation. Diese führt uns ins Jetzt, weg von der Vergangenheit, die wir bekanntlich eh nicht mehr ändern können (aber uns darüber ärgern, uns fragend zermürben) und auch weg von der Zukunft, die uns manchmal Angst macht, weil wir nicht wissen, was auf uns zukommt. Aber wenn wir eh nicht wissen, was kommt, kann es ja immer auch gut ausgehen. Also zurück zum Augenblick!

Welche Rolle spielt die tägliche Routine bei der Förderung der mentalen Gesundheit und wie kann man sie anpassen, um positiver zu denken?

Wenn es eine Sache gibt, die ich während meiner persönlichen und beruflichen Reise gelernt habe, dann ist es die Bedeutung der Selbstfürsorge. Es ist so leicht, sich in negativen Gedanken und der Hektik des Lebens zu verfangen. Wenn wir es dann nicht schaffen, tägliche Routinen zu nutzen, um gut auf uns selbst aufzupassen, leiden über kurz oder lang unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden ganz massiv darunter. Eine dieser täglichen Routinen haben wir mit dem Dankbarkeits-Tagebuch bereits kennengelernt. Einen weiteren kleinen, aber umso wirkungsvolleren Akt der Selbstfürsorge, möchte ich Ihnen hier vorstellen. Das Feierabendritual.

Beginnen Sie im Büro. Sie klopfen sich auf den Oberschenkel als Startsignal. Sie schreiben eventuell noch die drei wichtigsten To-dos für morgen auf einen Zettel. So können Sie sicher sein, dass nichts verloren geht. Sie fahren den Rechner runter. Sie verlassen das Büro, halten noch mal im Türrahmen kurz inne, überlegen, ob Sie alles erledigt haben und jetzt auch all Ihre Aufgaben hier im Büro lassen können. Sie fahren mit Ihrem Auto, Fahrrad, Zug oder S-Bahn nach Hause, machen noch mal an einem bestimmten Punkt – das kann zum Beispiel das Ortsschild sein – einen kurzen Check. Wenn Sie mit Ihren Gedanken immer noch im Beruf sind, dann parken Sie zum Beispiel Ihr Auto auf dem nächsten Parkplatz und machen einen kurzen strammen Spaziergang in der Natur. Das hilft, um Ihren Kopf wirklich komplett freizubekommen. Erst dann fahren Sie nach Hause, wo Sie den Abend entspannt genießen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen heute einen schönen Feierabend und darüber hinaus ein zufriedenes Leben, das voller positiver Gedanken ist!

2024-04-16T11:10:53Z dg43tfdfdgfd