ALTER KOMMENTIEREN: DESHALB IST DU SIEHST GAR NICHT WIE üBER 30 AUS KEIN KOMPLIMENT

Alter kommentieren: Deshalb senden gut gemeinte Komplimente das falsche Signal

Nächsten Monat werde ich 33 Jahre alt. Am liebsten würde ich den Tag verschlafen und hinterher so tun, als wäre nichts gewesen. Ich finde älter zu werden zum größten Teil scheiße. Da, ich habe es gesagt. Während auf TikTok und Instagram eine Age-Positivity-Strömung entsteht, bei der Mitdreißiger:innen erklären, wie friedlich und viel besser sich ihr Leben im Vergleich zu ihren Zwanzigern anfühlt, fühle ich mich vor allem unzureichend und unfertig. Dagegen helfen auch keine gut gemeinten Komplimente, weil ich eben nicht mehr Anfang zwanzig bin, auch wenn ich meinen Mitmenschen nach so aussehe. Doch das Alter, vor allem das von Frauen, zu kommentieren, ist noch aus vielen weiteren Gründen problematisch.

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Alter kommentieren: Alter ist weitaus mehr als eine Zahl

Auch wenn wir mittlerweile versuchen, gesellschaftlich durchzusetzen, dass das Alter nur eine Zahl ist, sind wir unter dieser sehr oberflächlichen Oberfläche nach wie vor besessen vom Älterwerden oder, treffender formuliert, von jugendlichem Aussehen. Wir kommen nicht darauf klar, wie gut Jennifer Lopez mit 54 Jahren oder Anne Hathaway mit 41 Jahren aussieht, haben auf TikTok Elfjährige, die sich hoch konzentrierte Retinol-Seren ins Gesicht schmieren, um ihrer Hautalterung möglichst früh entgegenzuwirken, und Brad Pitt, der sich kürzlich einem kompletten Facelift unterzogen hat und uns damit optisch wieder in die frühen Zweitausender zurückkatapultiert, in eine Zeit vor “Brangelina”. Sagt mir also jemand, dass ich nicht wie 32 aussehe, bedeutet das eigentlich: Keine Sorge, man sieht dir dein Alter noch nicht an. Älter zu werden, vor allem als Frau, ist okay, solange wir dabei jung aussehen und gute Laune haben. Aber genau mit der guten Laune will es zumindest bei mir nicht so richtig klappen.

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Irgendwo zwischen den ersten beruflichen Sackgassen, gescheiterten Beziehungen und LinkedIn-Posts von Overachiever:innen, die mit 34 Jahren 13 Unternehmen gegründet und 64 Wohnungen gekauft haben und sich dadurch berufen fühlen, mir zu erklären, wie “easy” “Success” eigentlich ist, ist mir die Leichtigkeit der Zwanziger flöten gegangen. Ich habe das Gefühl, nach beinahe 33 Jahren auf dieser Welt, Antworten haben zu müssen, stattdessen habe ich nur noch mehr Fragen. Außerdem merke ich zum ersten Mal, dass auch meine Eltern älter werden, Freund:innen kämpfen mit unerfüllten Kinderwünschen, und permanent will meine Steuerberaterin Geld von mir. Dinge ändern sich unaufhaltsam, und ich kann nichts dagegen machen. Manchmal würde ich gerne auf die Stopptaste drücken und für einen Moment die Zeit anhalten. Auch weil ich eine Stimme in mir habe, die mir immer wieder sagt, dass ich irgendwann nicht mehr wie irgendwo in meinen Zwanzigern aussehen werde. Ich weiß, jetzt wird’s richtig kompliziert.

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Älter zu werden ist nur okay, wenn man dabei jünger aussieht, als man eigentlich ist

Aber als Frau älter zu werden, ist dank der Ansprüche, die man an uns stellt, eben eine Spur komplexer. Wie gerne würde ich behaupten, mein Aussehen wäre mir egal. Doch leider ist das Gegenteil der Fall, ich bin sogar relativ eitel. Deshalb kämpfe ich auch noch vehement gegen die ersten grauen Haare an, wofür ich vor allem von Freund:innen geshamt werde, die jünger sind als ich. Hallo? Altern bitte “in Würde” und außerdem: Alter ist doch nur eine Zahl. Ich will ja nicht wie mein Vater klingen, aber damals, mit 26, habe ich zu grauen Haaren auch noch eine andere Einstellung gehabt. Wobei mich graue Haare an anderen nie gestört haben, nur auf meinem Kopf will ich sie nicht haben.

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Älter werden als Frau ist okay, aber nur, wenn man mindestens zehn Jahre jünger aussieht, als man eigentlich ist, gute Laune hat und so nah am gängigen Schönheitsideal ist wie möglich.

Mit sehr gemischten Gefühlen sehe ich mir daher “What I eat in a day”-Videos von Frauen an, die mit 36 Jahren ein Sixpack, nicht eine einzige Falte und perfekt glänzendes Haar haben. Mit ebenso gemischten Gefühlen schaue ich Videos, in denen Ü-30-jährige Frauen ihre “echten” ungebotoxten, ungefillten Gesichter zeigen, wofür sie vor allem von anderen Frauen in den Kommentaren fertiggemacht werden. Alt und verbraucht würden sie aussehen, wie weit über vierzig. Mindestens. Dann wiederum sind da Videos von Frauen, die mit Mitte siebzig noch im Gym stehen und Gewichte stemmen, die ich, Stand heute, nicht einmal mit viel Fantasie heben könnte. Älter werden als Frau ist okay, aber nur, wenn man mindestens zehn Jahre jünger aussieht, als man eigentlich ist, gute Laune hat und so nah am gängigen Schönheitsideal ist wie möglich.

Jemandem ein Kompliment dafür zu machen, dass die Person nicht so alt aussieht, wie sie ist, ist also absolut kontraproduktiv, weil es vor allem die Relevanz einer Frau in dieser Gesellschaft an ihre Jugend knüpft. Ein Date, er selbst ist 34 Jahre alt, erklärte mir vor ein paar Monaten, ich hätte Glück gehabt, denn normalerweise würde er keine Frauen in meinem Alter treffen, für 32 wäre ich aber noch richtig heiß. Der Geruch meiner alten Eier hat ihn nicht abgeschreckt, ich Glückspilz. Noch vor fünf Jahren hat mein Alter niemanden interessiert, jetzt wird es ständig zum Thema gemacht. Dass das Alter nur eine Zahl ist, mag also für Männer gelten, aber sicher nicht für Frauen. Wenn wir als Gesellschaft irgendwann an diesen friedlichen Punkt gelangen wollen, an dem Alter wirklich keine Rolle mehr spielt, sollten wir als Erstes damit aufhören, Frauen auf ihr Alter und ihr Aussehen zu reduzieren.

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